#9Jahre
Neun lange Jahre, teilweise 18 Stunde-Arbeitstage, alles geben unabhängig davon, ob wir zu müde oder zu erschöpft waren. Ich gebe zu, damals habe ich oft gezweifelt und ich war mir nicht sicher, ob das der richtige Weg ist. Wir hatten aber einen Traum und so haben wir jede Hürde auf uns genommen und sind immer wieder aufgestanden und haben weitergemacht.
Gleichzeitig sind es auch volle neun Jahre, Spaß und Freude denn wir lieben einfach was wir tun. Aus Gästen wurden oft Freunde, die uns bis heute begleiten. Wir haben viele Freunde gewonnen und noch mehr verloren.
Die von uns geforderte Disziplin hat uns alles abverlangt aber genau diese hat zu der Entwicklung geführt, die wir jetzt erleben. Eines ist sicher ohne eine gewissen Verbissenheit, für die wir oft belächelt, aber teilweise auch beneidet wurden, wären wir jetzt nicht da wo wir sind. Oft hart aber immer herzlich …
Damals war Kacper noch junge 22 Jahre alt, ich war 26 … Bereits da waren wir beide seit Jahren in der Gastronomie tätig. Ich während des Studiums und Kacper ging noch zur Schule. Michelle, meine mittlerweile Schwägerin, die sich ebenfalls für keine Schandtat zur schade war, war erst 18 und machte eine Ausbildung zur Krankenschwester.
Eines Tages hatten wir die verrückte Idee eine Bar aufzumachen, mussten jedoch feststellen, dass dafür eine ganze Menge Kapital erforderlich ist, welches wir weder hatten noch aufbringen konnten.
Der Plan änderte sich schlagartig, als Kacper den kleinen Laden in der Drontheimer Str. bei damals kijiji (ebay-kleinanzeigen) entdeckte. Ein Café sollte es nun werden. Es war eine Bäckerei- ich glaube „Paradies Bäckerei“ war der Ursprungsname.
So unterschrieben wir mit voller Rückendeckung der Familie den Mietvertrag zum 01.05.2011. Motiviert, voller Kraft und mit vollem Einsatz jedes einzelnen von uns, ging die Reise dann los.
Wir tauften es Attis Café, wie unser kleiner Familienhund…
#LeidenschaftfürKaffee
Schon damals brannte die Leidenschaft für Kaffee, vor allem bei Kacper. Er liebte es Kaffee zu machen. Seit der ersten Tasse versuchte er bereits Latte Art zu machen.
Die Welt, naja zumindest der Wedding war aber noch gar nicht bereit für ein richtiges „Café“ in dem es hauptsächlich Kaffee gibt. Wir haben das ganz schnell zu spüren bekommen.
Nach Prenzlauer Berg mit euch! Hieß es dann jedes Mal. Hier passt ihr nicht her.
#arbeitenfürumme
Wir haben uns die allergrößte Mühe gegeben, keinen einzigen Kunden zu verlieren. Auch nicht die, die zum Vorgänger kamen.
Dafür war es uns sogar wert jeden Tag um 4 Uhr aufzustehen, damit wir um 5 Uhr im Laden sind, damit wir 10 Brötchen (damals für einen Euro) für eine Kundin bereit haben. Den Sonst kam kaum einer, schon gar nicht so früh. Aber eine Kundin im Stich lassen, neee … Als wir gezwungen waren den Preis auf 0,12 € pro Brötchen zu erhöhen, verließ uns die Kundin und ging zur Konkurrenz. Damit war das Ende des Brötchenverkaufens in Attis besiegelt. Zum Glück! Das ist nur eine der vielen Geschichten, die wir erzählen können, aber eine die uns sehr geprägt hat.
Das erste Jahr haben wir den Laden komplett selbst finanziert. Wir arbeiteten also in Doppelschichten. Jeder von uns hatte noch mindestens einen zusätzlichen Job.
Wir waren jung und brauchten das Geld, vielleicht aber nur einfach doof und masochistisch? Die Beurteilung überlassen wir jedem selbst.
#kaffeedaswichtigste
Der Kaffeegeschmack war uns immer sehr wichtig und so zog sich das wie ein roter Faden durch unsere Geschichte. Wir glaubten an das Café-Konzept!
Durch Zufall oder Schicksal fanden wir, da unsere Espressomaschine kaputtging, einen ganz tollen Kaffeelieferanten die „Espresso-Werkstatt“ genau diese Firma entfachte in uns das Kaffeeinteresse noch mehr, an der Bohne selbst. Wir haben dort drei verschiedene Blends gekauft und waren von der Frische und dem Geschmack begeistert. Das waren auch die ersten Kaffeebohnen, die wir angefangen haben, auch unseren Kunden abgepackt zu verkaufen.
Das Kaffeegeschäft war noch nicht profitabel genug uns so probierten wir uns in verschiedenen Mittagsangeboten, wir (Danke Mama) haben Suppe gekocht, Burger gemacht u.v.m.
#kaffeeundpizza
Kacper kam auf die glorreiche Idee Pizza anzubieten, wir kauften einen professionellen Pizzaofen. Die Rezepte holten wir uns aus dem Internet.
Das alles war noch nicht das wahre. Das merkten wir als ein Umzug von unseren Nachbarn im Haus anstand und sie dankenswerterweise, bei uns 7 Pizzen bestellt haben. Leider war es für uns, und dafür ein dickes sorry an die Nachbarn, ein riesen Flop. Zu dritt brauchten wir ca. 2 Stunden? Die Qualität war nicht zufriedenstellend und der Teig ist uns ausgegangen. Danach schlossen wir den Laden und gingen bedrückt nach Hause.
Ein paar Tage später, fanden wir durch eben diese Erzählungen, heraus, dass einer unserer Kunden ein Pizzabäcker ist. Er liebte unseren Kaffee und mochte uns scheinbar, denn er hat sich unser angenommen und gab uns Schulungen im Pizzabacken.
Wir wurden Profis, die Gäste waren begeistert und wir wurden schlagartig zu einem der beliebtesten Cafés in der Gegend.
Um die Pizza zu bewerben, und Übung zu kriegen, haben wir zu unserem 1-jährigen Pizzen für 1 € verkauft, das ganze Wochenende lang. Zu dritt (Michelle, Kacper und ich) haben wir uns der Herausforderung gestellt und die Schlangen abgefertigt. Es war turbulent und chaotisch, aber wir waren ein eingespieltes Team. Teil ausrollen, belegen ab in den Ofen. Diesen Prozess haben wir so optimiert, dass er nicht länger als 3 Minuten dauerte, bis die fertige Pizza aus dem Ofen rauskam.
An den beiden Tagen haben wir sage und schreibe 700 Pizzen verkauft. Wir haben eine sehr große Reichweite gehabt und das Internet war voll von Attis Café und seinen Supportern.
Auch wenn wir drei am Ende der „Party“ nicht mehr richtig geradeaus stehen konnten, waren wir super glücklich und zufrieden. Die Pizzageschichte dauerte noch ca. drei Jahren und lief sehr gut, aber das war nicht das Ziel. Es war sehr aufwendig und kostspielig. Benötigte sehr viel Arbeitskraft und Organisation, Einkauf und Logistik. Es machte es unmöglich sich auch nur einen Tag frei zunehmen. Außerdem wollten wir zu unserem Ursprungsziel zurück und Kaffee machen. Nur Kaffee machen!
#neuorientierung
2015 kam die kleine Olivia zur Welt, zu diesem Zeitpunkt änderte sich die Sicht der Dinge. Kacper war ein Familienvater und unsterblich in seine kleine Tochter verliebt. Die Prioritäten verschoben sich und es gab nichts Wichtigeres auf der Welt als Familie.
Zu diesem Zeitpunkt Stand die Debatte über den Verkauf des Attis Cafés im Raum, es gab sogar ernsthafte Interessenten.
Nach weitreichendem Zuspruch aus der Familie und einer kurzen Erholungspause, konnten wir es nicht übers Herz bringen, den kleinen Laden in fremde Hände zu geben. Eines war jedoch klar. Kaffee oder nichts. So änderten wir zum dritten Mal das Konzept und bauten zum X Mal den Laden selbst um. Ach ja, wir sind in der Zeit ebenfalls zu richtigen Renovierungsprofis geworden, aus Mangel an Geld aber auch Zeit (es musste alles immer sehr schnell gehen damit der Laden nicht ewig für Gäste geschlossen bleiben muss) haben wir alles so gut wie selbst renoviert. Sogar selbst Möbel gebaut, also naja Kacper, wir waren da eher die helfende Hand. Ja, die Renovierungen an Wochenenden oder in den Feiertagen sitzen uns immer noch im Nacken …
#rösten
Aber nun weiter zum eigentlichen …
Um das „Kaffee machen“ zu perfektionieren, brauchte es jedoch den perfekten Kaffee. Der geht bekanntlich nur selbst geröstet. Wir wollten es versuchen und Kacper fing an sich damit zu beschäftigen. Er kaufte 2016 einen kleinen 1 KG Heißluft Röster, fürs Erste für den eigenen Gebrauch. Er ließ sich von einem „alten Hasen“ ausbilden und alles erklären. Die erste Kaffeelieferung kam von unseren Tradern aus Bremen. Wir fuhren sogar hin, um uns alles erklären zu lassen und so erlebten wir auch unser erstes Cupping und bestellten den ersten Rohkaffee. Danke für die Gastfreundschaft liebe Bremer!
Es schien den Kunden zu gefallen, immer und immer wieder wollten Sie unsere Bohnen kaufen. Unter dem Namen Attis Café, ließ sich kaum eine Kaffeemarke aufbauen, so suchten wir nach einem Namen, als gebürtige Polen, fanden wir den Namen KAWA (Kaffee auf Polnisch) ganz gut. Ich setzte mich ans Logo und so entstand 2016 KAWA KAFFEEMANUFAKTUR.
#Probat
Der kleine Röster ist nach ca. einem Jahr zu klein geworden, außerdem sollte es ein traditioneller Trommelröster werden. Ein Probat optimaler Weise.
Der ist es dann auch geworden. Am 15.01.2017 begann die richtige KAWA Geschichte.
In die KAWA Röstung fließen viele im Selbststudium erlangte Kenntnisse, sowie Schulungen und der Austausch mit Kollegen. Durch Cuppings (Testings) ermitteln wir die richtigen Rohkaffeebohnen für den KAWA Trinker und anschließend, werden sie in der Röstung perfektioniert und in KAWA-Tüten verpackt. 2017 eröffneten wir unseren Webshop und sind ab da auch online verfügbar, was in Coronas Zeiten sich als ein Segen entpuppte.
#kaffeeliebe
2019 war ein ereignisreiches Jahr. Ganz am Anfang im Januar gab es Familienzuwachs bei Kacper und Michelle: unser Sonnenschein, der immer lächelnde, Happy Milosz, erblickte das Licht der Welt. Der kleine Mann krempelte mal wieder alles um und brachte eine ordentlich Portion Glück & Liebe in die Familie.
Zum Ende des Jahres sind wir „expandiert“ und haben neue Räumlichkeiten für die Kaffeerösterei angemietet. Anfang 2020 fand der Umzug statt. Der kleine Raum in der Drontheimer Str. sollte wieder als Coffee-Shop genutzt werden und es sollten in der „Küche“ früher „Rösterei“ Kaffeeschulungen für Home Baristas oder Professionals angeboten werden. Dieser Plan ist bis auf Weiteres auf die Nach-Corona-Zeit verlegt worden.
Durch die Spezialisierung auf die Kaffeebohnenproduktion haben wir unseren Weg gefunden und sind nun am Ende der Suche angelangt. Es ist kein Ende im eigentlichen Sinne. Es ist vielmehr ein Beginn einer spannenden Kaffeereise. Wir möchten gerne weitergehen und Kaffee selbst für KAWA importieren uns stätig verbessern und persönlich wachsen. Eines ist aber sicher: nie wieder etwas ohne Kaffee…
#DANKE
Und wenn wir manchmal so in einer geselligen Runde, an die Zeit zurückerinnern, in der wir nach Feierabend im Auto saßen und vor Erschöpfung lachten, weil wir keinen Fuß mehr gerade setzen konnten oder an die Zeit als Michelle nach der Nachtschicht aushelfen kam, im Flur zwischendurch schlief, damit alle bedient werden können und auch an die Bilder von Olivia und Milosz (Kacpers und Michelles Kinder) auf dem Tisch in der Küche schlafend, wären wir arbeiteten … Bereuen wir keine einzige Sekunde …
Wir danken euch von Herzen für diese Geschichte, denn ohne so tolle Gäste, wie wir sie haben, wäre sie nie entstanden!
p.s. mit den Größen Dank an Mateusz und Alpi, unsere größten Supporter die nicht nur mit Rat, sondern hauptsächlich mit Tat uns immer unterstützend zur Seite standen.
Es gibt und gab schon immer viele Helfer, denen wir sehr dankbar sind. Jedem im einzelnen zu danken würde hier den Rahmen sprengen. Wir werden uns jedoch überlegen wie wir dem gerecht werden und machen eine ganze Reihe an Dankeschöns!